Etwas bänglich bin ich in den Tag gestartet. Advent, eine Zeit voller Emotionen, Vorfreude und keine gute Zeit, um allein zu sein.
Und dann ist die Vorfreude auf den Gottesdienst mit Julia Reiff da. Es werden wieder Engel ausgesandt, Engel aus Holz, ganz anders, als man sie im Kinderglauben malen würde, aber Engel mitten aus dem Leben. Werde ich wieder einen für einen Tag zu mir holen?
Ich denke zurück an den Ersten Advent 2022. Voller Trauer und ZukunftsAngst war ich da – die Gottesdienste oft noch voller Tränen, auch bei tröstlichen Worten – so viele frische Wunden wollten versorgt werden. An diesem Sonntag vor zwei Jahren ist Luise mit mir nach Hause gekommen, war für einen Tag mein Gast, war mein Engel. Seit dem Dreikönigstag 2023 begleitet sie mich nun, wir sind vertraut geworden.
Und heute also Regina. Wieder wollte ich einen Tag mit einem Engel gestalten, erzählen, wie es mir geht, was sich verändert hat und ihn dann mit guten Gedanken auf den weiteren Weg schicken.
Regina – die Königin. Was weckt der Name? Sie ist groß und schlank, Nicht mehr ganz jung ist ihr Holz, hat einiges an Narben, sie schaut über ihre Umgebung, aber nicht auf sie herab. Wo war sie früher? Sie hat einen Flügel auf der Schulter liegen, als möchte sie ausruhen. Sie bekommt einen Platz am Adventskranz neben Luise und ich spiele ein „Salve Regina“ für uns.
Die Regina, die ich kannte, Valentins Schwester, war eher klein und rund, ich erinnere mich an die Herzlichkeit, mit der sie uns aufnahm und auf das Glück und den Stolz, dass ihr kleiner Bruder zu Besuch kam und wir uns kennenlernen und begegneten. Das ganze Unglück, die große Geschichte des vergangenen Jahrhunderts lag in dieser Familie – und kaum jemand wird diese Geschichte nacherzählen können. Das schmerzt – Gerade auch im Hinblick auf diese ver-rückte Welt heute, als würden die Menschen nicht lernen können. Und ich lächle über mich, in der kleinen Welt: auch über mein Aufgeregtsein, wenn ich an diesen Besuch denke.
Der Nachmittag vergeht, Musik, ein erster Lebkuchen, ich erinnere so manchen Advent, es sind gute Erinnerungen. Am Abend noch ein Glas Rotwein im Kerzenschein, dann lasse ich Luise und Regina allein, sie haben bestimmt viel zu erzählen.
Ich selbst denke zurück an das, was sich in den Jahren zwischen Luises Bleiben und Reginas Besuch verändert hat für mich. So viele der Begegnungen, die so viele Dinge in mir geändert haben, ein neues Lebensgefühl aufgebaut. manchmal geht das Leben bittere Umwege, um ein Ziel zu erreichen. Und ich bin dankbar dafür, dass ich so viele Menschen gefunden habe, die diesen Weg mit mir und auch für mich zu gehen.
Danke, guter Gott, dass Du mich hältst und Danke an alle die, die mich halten: alle die, die auf einen Namen mit einem der Buchstaben von A bis Z beginnen und die für mich zu lebendigen Engeln geworden sind.
PS: inzwischen ist der 2. Dezember und ich habe den „Anderen Advent“ umgeblättert, so viele kluge Sätze von Ines Geipel – manche etwas sperrig, andere einfach Balsam für die Seele. und ich bin gespannt, wer mit mir den Dialog darüber sucht.