Deutschlandfunk – ein Name, ein Begriff seit Kinderzeiten. Bei den Großeltern in Glauchau der einzige Sender, der lief, in leidlich guter Qualität. Ich glaube, es lag am Ochsenkopf und daran, dass der Großvater mit dem Hausbesitzer an der großen Antenne im Dachboden bastelte…
Wenn wir als Jugendliche wirklich mal etwas anderes wollten – das ging gar nicht: Der Bläck-RIAS — niemals. Zu Hause in Dresden war es diese Mischung aus RIAS und DLF, im Campingurlaub in Mecklenburg auf dem Paddelboot der DLF, da konnte niemand mithören. Wer außer uns fand wohl die Seemannslieder und Grußsendungen so schlimm? Und jetzt kommt eine Erinnerung an unseren Arbeitsplatz: Ich alleine am Buchpflegearbeitsplatz inmitten der Signaturgruppe Biblia mit einem Walkman mit Taschenradio (ein Geschenk meiner Eltern von einer ersten Westreise). Valentin an seinem Arbeitsplatz im Mittelbau auch mit einem „Kofferradio“ – immer leise gedreht, wenn jemand kam. – Auch das eine der unterbewußten Erlebnisse, seltsam, dass das alles noch da ist.
Nach der politischen Wende war es wieder der Deutschlandfunk, politisch ausgewogen, kulturell interessant, bekannnte Namen – und Valentin und ich dann schon gemeinsam, wenn auch an getrennten Orten, mittendrin auf dieser Wellenlänge.
In Sachsen gab es Politiker, die den Empfang ermöglichten: Kurt Biedenkopf, König Kurt, als Ministerpräsident aus dem Westen von Deutschland und Steffen Heitmann, als einer von denen, die in der DDR mit dem DLF aufwuchsen und viele andere. In den frühen 90er Jahren haben wir in ungezählten Briefen gemeinsam-einsam Gehörtes kommentiert. Ob die wohl jemand lesen möchte, um uns besser zu verstehen?
Noch immer läuft der Deutschlandfunk als nahezu einziger Radiosender und noch immer möchte ich das Gehörte diskutieren und teilen. Es sind politische Sendungen, lieber gehört als gesehen ist das politische Geschehen im Moment – es ist so schwer zu ertragen in dieser Einsamkeit. Dann das Stück Kultur: ich weiß, wir hätten es zusammen gehört.
So wie Dietmar Grieser, eine wunderbare RadioReihe am Sonntagmorgen, später dann das Wissen, dass er mit unserem Kollegen Hans-Jürgen Sarfert befreundet war, eine Lesung zum Elbhangfest, Buchgeschenke und weitere gemeinsame Lektüre. Wie eine Perlenkette oder auch der „Paganini der Abschweifung“.
In der letzten Woche auch wieder: In Dresden bei „Ungelenk“ vorbeigeschaut, es ist natürlich anders geworden, seit es „Alpha“ ist, aber noch immer ist es eine andere Buchhandlung. Ich bin über Uwe Kolbe „Psalmen“ gestolpert, es klingt in mir beim Anlesen und das Buch kommt mit. Und am Wochenende danach ist es eine Radiosendung mit Uwe Kolbe zu diesem Buch.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/uwe-kolbe-psalmen-wenn-ein-atheist-geistliche-gedichte-100.html
Noch ganz versunken in Gedanken, horche ich ein zweites Mal auf. Maxim Biller. Frühe Bücher lasen wir gemeinsam, haben uns seine bissigen Kommentare in der Sonntagszeitung vorgelesen, die political correctness im Umgang mit seinen späteren Büchern beobachtet und für uns verworfen. Nun also ein neues Buch, ich werde wohl wieder mal einen Erwerbungsvorschlag an die Stadtbibliothek richten.
und so geht es weiter…
PS. und im Hintergrund auf youtube. Out of Africa & Wolfgang Amadeus Mozart – Clarinet concerto in A major, K. 622 – Adagio
https://www.youtube.com/watch?v=Rjzf_cWzlp8&list=RDMM&index=13
Wie oft dieses Bild, diese Musik, die sich umfassenden Hände in der Luft uns begleitet haben…